Historie von VIA MUNDI

Daten aus der Vergangenheit
Die Wurzeln von VIA MUNDI reichen bis ins Jahr 1951 zurück, als – unter dem Eindruck des 2. Weltkriegs - die Zeitschrift „Glaube und Erkenntnis“ ins Leben gerufen wurde, die der Erforschung paranormaler Phänomene und der Wirklichkeit einer geistigen Welt dienen sollte. Aus diesem Umfeld gründete sich 1958 die „Gesellschaft Katholischer Parapsychologen“, der es darum ging, paranormale Phänomene in ihrer Bedeutung für den christlichen Glauben, das persönliche Überleben des Todes und den Sinn des irdischen Lebens ins Bewusstsein zu rücken als Gegenposition zur zunehmend materialistischen Orientierung in Wissenschaft und Gesellschaft.

Unter dem Einfluss des Redemptoristenpaters Prof. DDr. Andreas Resch als Generalsekretär erfuhr die Gesellschaft 1965 eine erste Umwandlung. Resch trat, ohne die bisherige Zielsetzung aus den Augen zu verlieren, für eine ideologiefreie, wissenschaftliche Betrachtung der Grenzphänomene ein, baute die Gesellschaft zur „Internationalen Interessengemeinschaft für Grenzgebiete der Wissenschaft“ aus und nannte sie IMAGO MUNDI (Bild der Welt). Damit wurde das eigentliche Ziel der Gesellschaft hervorgehoben, nämlich die „Weitung und Vertiefung des christlichen Welt- und Menschenbildes“ durch „interdisziplinäres Gespräch und Forschung im Grenzbereich von Physis, Bios, Psyche und Geist.“ Die 1951 gegründete Zeitschrift „Glaube und Erkenntnis“, 1955 umbenannt in „Verborgene Welt“, wird seitdem unter dem Namen „Grenzgebiete der Wissenschaft“ als Organ von IMAGO MUNDI weitergeführt und erscheint noch heute (2010) im 59. Jahrgang.

Von 1966 bis 1995 organisierte Andreas Resch alle zwei Jahre einen „IMAGO-MUNDI-Kongress“ mit z. T. mehreren Hundert Teilnehmern zu Themen wie, „Welt, Mensch und Wissenschaft morgen“, „Mystik“, „Paranormales Heilen“, „Fortleben nach dem Tod“, „Geheime Mächte: Der Innenraum des Menschen“, „Die Welt der Weltbilder“, „Paranormologie und Religion“.

Ab 1980 vollzog sich ein weiterer Wandel: Andreas Resch gründete sein Institut für Grenzgebiete der Wissenschaft in Innsbruck ( IGW.de ). Auf der Mitgliederversammlung 1980 wurde beschlossen, die bisher nur lockere, nicht rechtsfähige Vereinigung in einen Verein nach deutschem Recht überzuführen.

Auf der Generalversammlung 1982 trat Andreas Resch zum Bedauern aller Mitglieder aus dem Vorstand zurück, um sich auf die Forschungsarbeit im Institut, die Herausgabe der Schriften und die Weiterführung der IMAGO-MUNDI-Kongresse konzentrieren zu können. Der bisherige Vizepräsident Dr. Günter Emde (Mathematiker) wurde zum neuen Generalsekretär gewählt, Prof. Dr. Erwin Nickel (Mineraloge und Philosoph) blieb in seinem Amt als Präsident und Prof. Dr. Heinrich Beck (Philosoph) konnte später als Vizepräsident gewonnen werden. Auf Wunsch von Andreas Resch wurde der Name IMAGO MUNDI für seine Aktivitäten reserviert. Für die Interssengemeinschaft musste ein neuer Name gefunden werden: VIA MUNDI (Weg der Menschheit).

Im Zuge dieser Änderungen erfolgte auch eine Akzentverschiebung in der Zielsetzung. Ohne die bisherigen Ziele bezüglich transzendenzoffener Wissenschaft aufzugeben, werden zwei Anliegen besonders hervorgehoben: Einerseits Lösungen zu suchen, um den wachsenden globalen Bedrohungen zu begegnen und die Chancen des äußeren Fortschritts nur in Verantwortung für Mitwelt, Umwelt und Nachwelt zu nutzen; andererseits auf die Sinnfragen und seelisch-geistigen Nöte der Menschen einzugehen. Dabei sollen auch Hilfen gegeben werden zum besseren Verständnis spiritueller Erfahrungen und zum heilsamen Umgang mit der eigenen Sensibilität, so dass solche Begabungen ohne psychische Gefährdung zum Segen für die Mitmenschen genutzt werden können.

Auch in anderer Hinsicht vollzog sich ein Wandel. War die erste Vereinigung noch ausdrücklich katholisch, so hatte schon Andreas Resch mit IMAGO MUNDI die Weitung zur Ökumene vollzogen. Diese Ökumene betont auch VIA MUNDI, aber in einem nochmals geweiteten Sinn: Jeder Mensch hat die Freiheit, seinen ihm gemäßen spirituellen Weg zu Gott zu suchen und zu gehen.

Seit 1983 finden jährliche VIA MUNDI Tagungen meist von Mittwoch über Christi Himmelfahrt bis Sonntag statt, die über viele Jahre maßgeblich von Günter Emde organisiert wurden. Die Tagungsthemen spiegeln die Zielsetzungen wider, z.B.: „Weg der Menschheit – Von den ersten und letzten Dingen“, „Ostchristliche Spiritualität“, „Heil, Heilung, Heiligung“, „Die unsichtbare Schöpfung“, „Wege der Mystik in den Religionen“, „Menschheit am Scheideweg – Spiritualität und Verantwortung“, „Jugend und Alter – Konflikte und Chancen“, „Menschsein in der Polarität von Mann und Frau“, „Globalisierung und ihre spirituelle Bewältigung“, „Erde im Wandel – Vision, Hoffnung, Vertrauen“.

Schon in den ersten Jahren der Tagungen entstand das Bedürfnis nach mehr persönlicher Begegnung, weshalb die Anzahl der Vorträge im Lauf der Jahre deutlich reduziert wurde zugunsten kleinerer Gespärchs-/Kreativgruppen und Workshops.

Seit 1995 wurde der Vorstand erweitert, so dass jüngere Mitglieder in die Vorstandsarbeit aufgenommen wurden und sich in der Leitung ein harmonischer Generationen-Wechsel vollziehen konnte. Günter Emde, der Begründer von VIA MUNDI, wurde 2008 zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Am 20. Mai 2016 ist Günter Emde in die geistige Welt übergetreten.

Werden und Wandlungen

Auszug aus den VIA MUNDI Mitteilungen 2008

VIA MUNDI - Werden und Wandlungen

Ein Rückblick auf 50 Jahre Vergangenheit

Ein Stabwechsel steht bevor: Die älteren Vorstandsmitglieder ziehen sich zurück, jüngere rücken nach. Da ist es wohl angebracht, wenn der scheidende Vorsitzende eine Art Bestandsaufnahme macht, beginnend mit einem Rückblick auf die Anfänge und den Weg, den VIA MUNDI seitdem genommen hat. Dazwischen sind eingestreut einige persönliche Gedanken über die Philosophie unserer Gemeinschaft im Wandel der Jahre, über ihre Orientierung und ihren Sinn und Zweck. Sie sollen die Nachkommenden anregen, aber nicht binden. Mögen sie den weiteren Weg im guten Sinne in eigener Verantwortung finden!

Wir feiern in diesem Jahr (2008) ein Jubiläum! 25 Jahre VIA MUNDI-Tagungen, die erste fand 1983 statt.

Gesellschaft Katholischer Parapsychologen

Das war aber nicht der Anfang. Denn die Vor-Vorgängergemeinschaft wurde vor 50 Jahren ins Leben gerufen. Die Initiative ging damals von dem Verleger Josef Kral (Abensberg, Deutschland) aus, der schon 1951, gemeinsam mit dem Zisterzienserabt Alois Wiesinger, die Zeitschrift „Glaube und Erkenntnis“ ins Leben gerufen hatte, „die der Erforschung und Feststellung von paranormalen Phänomenen, unbekannten Kräften der menschlichen Seele und der Wirklichkeit einer geistigen Welt dienen sollte“[1]. Die Zeitschrift wurde 1955 in „Verborgene Welt“ umbenannt.

In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg hatte es einige Jahre des aufgeschlossenen Suchens und spirituellen Rückbesinnens gegeben. Aber - parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung - breitete sich dann in allen Bereichen der Wissenschaft und des täglichen Lebens mehr und mehr eine materialistische Weltsicht aus, bei der die Wirklichkeit des Geistigen immer mehr außer Betracht blieb.

Um dem entgegenzuwirken, gründete Josef Kral gemeinsam mit Prof. Dr. Gebhard Frei, Schweiz, Prof. Dr. Peter Hohenwarter, Österreich, und Frau Dr. Gerda Walther, Deutschland, am 1. Dezember 1958 die „Gesellschaft Katholischer Parapsychologen“. Sie hofften, im Rahmen der Parapsychologie, vor allem durch die Erforschung der Grenzphänomene im religiösen Bereich, Beweise für die Wirklichkeit einer geistigen Welt erbringen zu können. Alle Genannten waren sich einig in dem Bemühen, die paranormalen Phänomene in ihrer Bedeutung für den christlichen Glauben und insbesondere für die Frage nach dem persönlichen Überleben des Todes und dem Sinn des irdischen Lebens zu untersuchen. 1959 konnte der bekannte Philosoph Gabriel Marcel als Ehrenpräsident gewonnen werden.

[1] zitiert aus: Andreas Resch (Hrsg.): IMAGO MUNDI. Geschichte, Grenzgebiete, Satzungen, Tätigkeit (Resch Verlag Innsbruck, 1985). Auch die weiteren Angaben über die frühen Jahre bis 1976 sind zum großen Teil aus dieser Schrift entnommen.

Imago Mundi

1965 erfolgte die erste Umwandlung der Gesellschaft. Nach dem Tod von Josef Kral übernahm der Redemptoristenpater Prof. DDr. Andreas Resch, Innsbruck, das Amt des Generalsekretärs. Resch trat, ohne die bisherige Zielsetzung aus den Augen zu verlieren, für eine ideologiefreie, wissenschaftliche Betrachtung der Grenzphänomene ein, baute die Gesellschaft zur „Internationalen Interessengemeinschaft für Grenzgebiete der Wissenschaft“ aus und nannte sie IMAGO MUNDI (Bild der Welt). Damit wurde das eigentliche Ziel der Gesellschaft hervorgehoben, nämlich die „Weitung und Vertiefung des christlichen Welt- und Menschenbildes“ durch „interdisziplinäres Gespräch und Forschung im Grenzbereich von Physis, Bios, Psyche und Geist“ (Materie, Leben, Seele und Geist).

Auf dem ersten Kongress der neuen Vereinigung im September 1966 wurden die Vorschläge gutgeheißen. Gebhard Frei wurde als Präsident, Peter Hohenwarter und Gerda Walter als Vizepräsidenten und Andreas Resch als Generalsekretär bestätigt.

Die von Josef Kral gegründete Zeitschrift „Verborgene Welt“ wird seitdem unter dem Namen „Grenzgebiete der Wissenschaft“ als Organ von IMAGO MUNDI weitergeführt. Sie erscheint noch heute (2008) im 57. Jahrgang, herausgegeben von Andreas Resch.

Von 1966 bis 1995 hat Andreas Resch alle zwei Jahre einen „IMAGO-MUNDI-Kongress“ organisiert, z. T. mit mehreren Hundert Teilnehmern. Die Referate jeder Tagung sind weitgehend in der Schriftenreihe „IMAGO MUNDI“ veröffentlicht (15 Bände mit je 200 bis 500 Seiten, großenteils noch erhältlich beim Resch Verlag, Innsbruck).

Die Titel der 15 Kongresse verdeutlichen die Vielfalt der behandelten Themen:

1966 „Im Kraftfeld des christlichen Weltbilds“ (München)
1968 „Was ist der Mensch?“ (Luzern)
1970 „Welt, Mensch und Wissenschaft morgen“ (Puchberg/Österreich)
1972 „Der kosmische Mensch“ (Königsstein/Taunus)
1974 „Mystik“ (Brixen/Südtirol)
1976 „Paranormales Heilen“ (Augsburg)
1978 „Fortleben nach dem Tode“ (Innsbruck)
(alle nachfolgenden Kongresse ebenfalls in Innsbruck)
1980 „Kosmopathie - der Mensch in den Wirkungsfeldern der Natur“
1982 „Geheime Mächte: Der Innenraum des Menschen“
1985 „Psyche und Geist: Fühlen, Denken und Weisheit“
1987 „Gesundheit - Schulmedizin - andere Heilmethoden“
1989 „Veränderte Bewußtseinszustände: Traum, Trance, Ekstase“
1991 „Paranormologie: Die Welt des Außergewöhnlichen“
1993 „Die Welt der Weltbilder“
1995 „Paranormologie und Religion“

Die Organisation der Kongresse und die Herausgabe der Zeitschrift und der Kongressbände stellen eine enorme Leistung von Andreas Resch dar, für die ihm uneingeschränkter Dank gebührt. Unterstützt wurde er dabei durch die weiteren Vorstandsmitglieder.

Im ersten Jahrzehnt des Bestehens verlor die Gemeinschaft zweimal ihren Präsidenten. 1967 erhielt der verstorbene Gebhard Frei einen würdigen Nachfolger in Prof. DDDr. Roberto Masi, Rom; nach dessen Tod ging das Amt 1972 an Prof. Dr. Erwin Nickel, Fribourg/Schweiz (Mineraloge und Philosoph), über. Und 1974 wurde Prof. Wilhelm H. C. Tenhaeff, Utrecht/Holland (Direktor des einzigen europäischen Universitätsinstituts für Parapsychologie), Nachfolger von Gabriel Marcel als Ehrenpräsident. Ich selbst (Günter Emde, Mathematiker) wurde übrigens 1978 nach meinem Vortrag auf der Tagung über „Fortleben nach dem Tode“ als Nachfolger des Medizinhistorikers Prof. Dr. Magnus Schmid, München, zum Vizepräsidenten von IMAGO MUNDI gewählt.

Via Mundi

Ab 1980 vollzog sich ein weiterer Wandel: Andreas Resch gründete sein Institut für Grenzgebiete der Wissenschaft in Innsbruck. Auf der Mitgliederversammlung 1980 wurde beschlossen, die - bisher nur lockere, nicht rechtsfähige - Vereinigung in einen Verein nach deutschem Recht zu überführen.

Auf der Generalversammlung 1982 trat Andreas Resch zum Bedauern aller Mitglieder aus dem Vorstand der Interessengemeinschaft zurück, um sich auf die Forschungsarbeit im Institut, die Herausgabe der genannten Schriften und die Weiterführung der IMAGO-MUNDI-Kongresse konzentrieren zu können. Die Mitglieder wählten mich daraufhin zum neuen Generalsekretär. Erwin Nickel blieb in seinem Amt als Präsident. Später konnte Prof. Dr. Heinrich Beck, Bamberg (Philosoph), als Vizepräsident gewonnen werden. Auf Wunsch von Andreas Resch wurde der Name IMAGO MUNDI für seine Aktivitäten reserviert. Für die Interessengemeinschaft musste ein neuer Name gesucht werden; er wurde gefunden in VIA MUNDI (Weg der Menschheit). 1983 konnte dann die erste VIA-MUNDI-Tagung stattfinden.

In den nächsten Jahren wurde eine Vereins-Satzung erarbeitet und am 9. 5. 1986 von der Generalversammlung beschlossen, um den gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen. Damit konnte die Interessengemeinschaft „VIA MUNDI e. V.“ am 30. 7. 1986 beim Registergericht München als rechtsfähiger Verein eingetragen werden. In der Folge erlangte sie auch die Anerkennung als gemeinnützig (wegen Förderung von Religion und Toleranz).

Zielsetzung

Im Zuge dieser Änderungen erfolgte auch eine Akzentverschiebung in der Zielsetzung. In der Satzung ist der Zweck des Vereins wie folgt formuliert:

„... VIA MUNDI e. V. (kurz: VM) ist eine unparteiliche und überkonfessionelle Vereinigung. ...

VM ist eine Interessengemeinschaft für transzendenzoffene Wissenschaft und christliche Spiritualität. Sie erstrebt im ökumenischen Geist eine Weitung und Vertiefung des Welt- und Menschenbildes. Das Ringen um Wahrheit muss in Toleranz und in der Begegnung mit anderen Religionen geführt werden. Damit möchte VM eine vertiefte spirituelle und ethische Lebensgestaltung fördern und zur Mitverantwortung für die Menschheit und die Schöpfung motivieren. ...

VM fördert die Forschung und das interdisziplinäre Gespräch im Sinne transzendenzoffener Wissenschaft und versteht sich auch als Ausspracheforum vorwissenschaftlicher Erfahrungen, um diese einer Klärung näher zu führen und um alle Erkenntnis in einen übergeordneten Sinnzusammenhang zu bringen. ...

VM ist selbstlos tätig; sie verfolgt keine eigenwirtschaftlichen Zwecke. ...“

Damit werden - ohne die bisherigen Ziele bezüglich transzendenzoffener Wissenschaft aufzugeben - zwei Anliegen besonders hervorgehoben: Einerseits Lösungen zu suchen, um den wachsenden globalen Bedrohungen zu begegnen und die Chancen des äußeren Fortschritts nur in Verantwortung für Mitwelt, Umwelt und Nachwelt zu nutzen; andererseits auf die verbreiteten Sinnfragen und existentiellen Nöte vieler Menschen einzugehen - nicht nur im materiellen, sondern vor allem im seelischen und geistigen Bereich. Dabei sollen auch Hilfen gegeben werden zum besseren Verständnis spiritueller Erfahrungen und zum heilsamen Umgang mit der eigenen Sensibilität, so dass solche Begabungen ohne psychische Gefährdung zum Segen für notleidende Mitmenschen genutzt werden können.[2]

Schwerpunkte: Ethik und Spiritualität

Immer wieder werden wir gefragt: Wie ist eure Bindung an eine Religion? Auch hier hat es Wandlungen gegeben. War die erste Vereinigung noch ausdrücklich auf „katholisch“ bezogen, so hatte schon Andreas Resch mit IMAGO MUNDI die Weitung zur christlichen Ökumene vollzogen. In der VM-Satzung ist dies gleich zu Beginn ebenfalls betont, aber in einem nochmals geweiteten Sinn.

Wir wurden uns bewusst, dass Religion und Spiritualität eine individuelle, persönliche Beziehung des Menschen zu Gott - wie auch immer ein jeder ihn versteht - darstellt. Wir haben darum kein Recht, eine bestimmte historisch gewachsene Glaubenslehre als alleinige oder höchste Wahrheit zu vertreten. Wir haben uns darum in der Folge an das Grundprinzip gehalten: Jeder Mensch hat das Recht, seinen ihm gemäßen spirituellen Weg zu Gott zu suchen und zu gehen.

Auf unseren Tagungen wird also Toleranz wichtig genommen. Jeder soll seine eigene Überzeugung aussprechen können, aber jede Indoktrination ist verpönt. Wir wollen uns stattdessen bemühen, den Anderen zu verstehen und ihm zu helfen, seinen Weg zu Gott in einem guten Sinne zu leben, auch wenn es nicht der eigene Weg ist.

Auf unseren Tagungen konnte wir die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes erleben: Viele Teilnehmer sprachen in unseren Gruppen zum ersten Mal ohne Angst und Scheu über ihre tiefen spirituellen Erlebnisse, und alle waren dafür dankbar.

Was heißt hier aber „in einem guten Sinne“? Natürlich gibt es Wertunterschiede, Risiken und Gefahren im spirituell-religiösen Bereich, natürlich sind „die Geister zu prüfen“, denn es gibt ja auch negative, zerstörerische geistige Einflüsse. Man braucht Kriterien zur Unterscheidung. Da ist das Jesuswort „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ hilfreich; an ihrer ethischen Wirkung sind die Geister zu unterscheiden. Aber der ethische Wertmaßstab sollte u. E. nicht theoretisch aus historisch gewachsenen Glaubenslehren abgeleitet werden, sondern muss im Gewissen, der moralischen Instanz, der „Stimme Gottes“ in unserem Herzen gegründet sein, sonst ist er heute nicht mehr überzeugend und gibt dem Menschen keine Kraft zum Widerstehen.

Das doppelte Liebesgebot - Gott über alles zu lieben und den Nächsten wie sich selbst - ist uns im Abendland von Jesus vorgelebt. Es regt uns einerseits zur Ehrfurcht vor dem Leben (Gottesliebe), andererseits zur Fürsorge für die Mitmenschen (Nächstenliebe) an. Ähnliche Gebote gibt es in allen Hochreligionen. Und wir erspüren diesen Maßstab auch als Leitschnur unseres Gewissens; darum können wir ihn als universell gültig annehmen. Wir nennen ihn „christlich“, weil er hier im Abendland aus unserer christlichen Wurzel entspringt.

Eine so verstandene, an der Nächstenliebe orientierte „christliche Spiritualität“ bildet Richtschnur und Kraftquelle für unser Urteilen und Handeln in der sich immer mehr zuspitzenden Auseinandersetzung mit der herrschenden und - äußerlich! - immer noch an Macht gewinnenden „unchristlichen“ Weltordnung mit ihrer Fokussierung auf Macht und irdischen Reichtum.

[2] Der Artikel „Was ist und was will die Interessengemeinschaft VIA MUNDI?“ aus dem Jahr 1992 beschreibt diese beiden Anliegen ausführlicher. Er ist in diesem Heft in der Rubrik FORUM noch einmal abgedruckt.

Via Mundi Tagungen

Seit 1983 finden (mit einer Auslassung 1985) jährlich VIA-MUNDI-Tagungen mit 80 bis 130 Teilnehmern statt. Die Referate werden in Form von Kassetten-/CD-Mitschnitten veröffentlicht, z. T. auch als Einzelhefte in der Schriftenreihe VIA MUNDI, und können vom G. Emde Verlag bezogen werden.

Die Tagungsthemen spiegeln die genannten Zielsetzungen. Sie sind unter ==> Tagungen gelistet.

Schon in den ersten Jahren von VIA MUNDI entstand das Bedürfnis nach mehr persönlicher Begegnung. Darum wurden auf den Tagungen kleinere Gruppen gebildet, in denen der Inhalt der Referate frei diskutiert und darüber hinaus persönliche Fragen behandelt und spirituelle Erfahrungen ausgetauscht werden können. Dafür wurden die Nachmittage reserviert und die Zahl der Vorträge von ursprünglich 14 auf etwa 10 reduziert. Auch diese Zahl erwies sich als noch zu hoch, um eine angemessene Besinnung und einen bedachtsamen Gedankenaustausch zu ermöglichen. Daher wurde schließlich ab 2001 nur noch ein Vortrag pro Vormittag und Abend vorgesehen mit ausgiebig Zeit zum Nachdenken, „Murmeln“, Nachfragen und Kommentieren.

Neue Generation

Diese Umstellung wurde hauptsächlich von den jungen Mitgliedern angestoßen, die ab 1995 in den Vorstand kamen. In jenem Jahr war nämlich eine Satzungsänderung beschlossen, die die Erweiterung des Vorstands auf bis zu sieben Mitglieder (vorher drei) erlaubte. Das geschah aus der Einsicht, dass das Weiterbestehen von VIA MUNDI inhaltlich und organisatorisch gefährdet ist, wenn nicht junge Mitglieder in die Vorstandsarbeit hereingenommen werden; dies auch als Vorsorge, damit einmal - nach Ausscheiden der älteren - die Arbeit weitergeführt wird.

Die neuen Vorstandsmitglieder waren: Dr. Stephan Schumm, Dr.-Ing. Stefan Schmeußer (vorübergehend), Dr. Thomas Schmeußer, Dr. Christoph Schumm und Dr. Christian Hackbarth-Johnson. Ferner wurden aus der dazwischenliegenden Altersgruppe Anneliese Gleditsch und Dr. Wolfgang Habbel hinzugewählt.

Unter dem Einfluss der „Jungen“ wurde die Gestaltung der Tagungen weiterentwickelt: Neben den bisherigen Gesprächsgruppen bekamen sogenannte „kreative Gruppen“ Gewicht; damit die Tagungsthematik auch durch künstlerisches oder sonstwie praktisches Tun auf andere als verbale Weise in Gemeinschaft erlebbar werden kann. Außerdem wurde eine musikalische Rahmengestaltung eingeführt. Auch das bisherige Logo wurde durch ein neues ersetzt.

Es zeichnet sich also ab, dass unsere Gemeinschaft nicht verkrustet, sondern weiterhin wandlungsfähig bleibt, um sich den wechselnden Anforderungen der äußeren Welt angemessen zu stellen und andererseits die Chancen eines spirituellen Mensch-Seins in der heutigen Zeit wahrnehmen zu können.

Darum kann ich vertrauensvoll in die Zukunft blicken und die Leitung von VIA MUNDI auf der nächsten Mitgliederversammlung in die Hände von engagierten und verantwortungsbewussten, spirituell orientierten und zeitgemäß denkenden und fühlenden Kollegen übergeben. Möge Gott ihnen bei allem Planen und Tun seinen Segen verleihen.

Günter Emde
(Auszug aus VM-Mitteilungen 3/2008)